Nicola Pacy
RGN. Home Haemodialysis Manager, Wessex Kidney Centre
Queen Alexandra Hospital, Portsmouth, UK
nicola.pacy@porthosp.nhs.uk
Die Unterstützung der Heimpatienten ist wesentlich für den Erfolg und den Erhalt eines Heimdialyseprogramms. Um ein Heimdialyseprogramm erfolgreich durchzuführen, müssen wir sicherstellen, dass nicht nur die Patienten sondern auch deren Partner unterstützt werden, denn die Auswirkungen betreffen jeden, der im gemeinsamen Haushalt lebt1. In diesem Kapitel zeigen wir Ihnen die Unterstützungsangebote, die gewährleistet sein müssen um ein erfolgreiches Unterstützungsnetzwerk für alle Beteiligten zu bieten2.
Allen Patienten sollte ermöglicht werden, dass sie regelmäßigen Kontakt mit einem Mitglied des Heimbetreuungsteams erhalten können, z.B. indem sie Pflegesprechstunden besuchen können oder regelmäßigen Telefonkontakt und email-Unterstützung bekommen. Die Häufigkeit wird sich nach dem einzelnen Patienten und der örtlichen Verfahrensregel richten, aber ein Minimum von monatlichen Terminen ist allgemein verbreitet. Ambulante Arztsprechstunden werden normalerweise vierteljährlich geplant3.
Wenn stabile Prozesse vorliegen für die Unterstützung der Heimpatienten, sollten Besuche im Heimatzentrum verhandelt werden. Ein vierteljährlicher Termin mit dem Nephrologen wird immer noch notwendig sein, aber dieser Termin kann in einer Außenstelle erfolgen, wenn dadurch Reisezeit reduziert werden kann für den Patienten. Eine Pflegeambulanz kann viele Vorteile bieten, da sie zusätzliche Unterstützungsangebote für diejenigen Patienten bietet, die spezifische Bedürfnisse haben. Sie kann Beratung zum Gefäßzugang, zu Ernährung, Anämiemanagement und die Besprechung der Laborwerte sowie der adäquaten Dialyse beinhalten.
Die Patienten sind normalerweise verantwortlich für die monatliche Blutabnahme und senden diese an die jeweilige Stelle (Labor, Hausarzt, nephrologisches Zentrum oder Heimdialysezentrum). Einige Zentren raten ihren Patienten, zur Blutentnahme ins Zentrum zu kommen, so dass die Proben zeitgerecht versendet werden können. Die meisten Zentren werden sich der Verfahrensanweisung des jeweiligen Dialysezentrums für ambulante Dialysepatienten anschließen, typischerweise wird es folgendermaßen gehandhabt:
Alle Laborergebnisse sollten von einem Mitglied des Heimpflegebereichs oder einem Arzt bewertet werden mit entsprechender Vorgehensweise. Verordnungen können bei Bedarf angepaßt werden.
Patienten in der Heimtherapie sollten zu Experten werden, damit sie mehr Kontrolle über ihre Gesundheit und Behandlungsmöglichkeiten erhalten. Die eingebundenen Pflegepersonen haben oft denselben Status. Als chronisch kranker Mensch zum Experten zu werden, erhöht die Motivation und Verantwortungsbereitschaft4 . Der Patient ist eigenverantwortlich für die Einhaltung der Verordnungen und die Durchführung der Therapie auf der Grundlage des Trainings. Die meisten Zentren dokumentieren mit dem Patienten gemeinsam, dass er/sie in der Lage ist, die Behandlung durchzuführen. Die Patienten sollten sich auch mit jedem auftretenden Problem/Fragestellung an das Heimteam richten und im Gegensatz ist das Heimteam verantwortlich dafür, den Patienten Feedback und Unterstützung zur Lösung des Problems zu geben.
Die Trainingsschwester ist verantwortlich dafür, sicherzustellen, dass der Patient in der Lage ist, die Heimtherapie durchzuführen in einem sicheren und unterstützenden Umfeld. Schulungsunterlagen werden eingesetzt, um den Patienten zu helfen, die Inhalte der Nierenersatztherapie zu erlernen. Die trainierende Person muß den Wissenstand und das Verständnis des einzelnen Patienten ermitteln und Wissenslücken sowie Schwächen wie z.B. Leseschwäche aufdecken um sicherzustellen, dass die angemessene Unterstützung und entsprechenden Hilfsmittel zur Verfügung stehen5. Checklisten können dafür hilfreich sein. Ein informierter und geschulter Patient wird aktiv mitwirken bei der eigenen Behandlung. Dies verbessert die Ergebnisse und ermöglicht es, mögliche Fehler frühzeitig zu erkennen, bevor sie auftreten6,12.
Es ist die gemeinsame Verantwortung von Pflegeteam und Patient sicherzustellen, dass z.B. die Gemeinde informiert ist, dass Heimdialyse durchgeführt wird. Standardbriefe sollten vorliegen für:
Die Grundlagen und Vorgehensweise bei Geräteausfall werden im Training behandelt. Das Ausmaß der Unterstützung durch die jeweilige Firma/Techniker hängt ab vom für die Heimbehandlung verwendeten Material. Einige Zentren verfügen über spezielle Techniker, die bereit stehen, die Patienten zu Hause zu unterstützen. Einige Firmen verfügen über eine bereitgestellte 24/7 Hotline, zu der Patienten bei Bedarf Zugang haben und bei Bedarf kann ein neues Dialysegerät innerhalb von 24 Std. nach Hause geschickt werden. Bei häufiger bzw. täglicher Heim-Hämodialyse kann im Fall von unlösbaren technischen Problemen immer noch das Blut zurückgegeben und die nächste Sitzung am darauffolgenden Tag durchgeführt werden, nachdem das Problem gelöst wurde.
Einige Zentren bieten eine 24-Std. Telefonbereitschaft an zur Beratung und Unterstützung für jedes technische und klinische Problem, das auftreten kann. Getrennte Telefonbereitschaft kann von Pflege und Technik ebenfalls angeboten werden. Es ist wichtig, dass der Patient weiß, wen er anrufen soll, wann und wie. Es ist ebenfalls wichtig, dass er darüber informiert ist, dass nicht dialysebedingte Probleme durch die gewohnten Haus- und Fachärzte abgedeckt werden.
Alle Patienten müssen sicher sein im Umgang mit technischen Vorgängen ihrer Behandlungsverfahren und auf Gerätealarme kompetent reagieren und diese korrigieren können. Das Trainingskonzept muß diese Inhalte vermitteln. Einfache Anleitungen zur Störungs- und Fehlerbehebung entweder in Papierform oder on-line elektronisch können das Prozedere vereinfachen, besonders wenn ein seltener Gerätealarm auftritt.
Der Gebrauch der Technologie wird gängiger mit der Nutzung von speziellen Apps, die die Dialysesitzung und die aufgetretenen Probleme aufzeichnen, so daß die Pflegenden im Heimzentrum diese Daten in Echtzeit verfolgen und darauf reagieren können. Einige Zentren verwenden auch Skype um mit ihren Patienten zu kommunizieren. Ein email-Zugang ist ebenfalls sehr hilfreich9.
Patienten in Großbritannien können sogar ihre eigenen Blutwerte unter Verwendung von “Renal Patient View” verfolgen. Wenn Ihr Land ein ähnliches System bereitstellt, sollten die Patienten ermutigt werden, dieses zu nutzen.
Alle Patienten sollten mit Trainingsmaterialien ausgestattet werden, mit einer Übersicht der Lern- und Leistungsziele und einer Anleitung für Notfälle. Diese Unterlagen sollten von der Trainingsschwester, dem Patienten und/oder Pflegepartner unterschrieben sein.
Als Teil der Heimdialyse-Besuche sollten die Fähigkeiten neu bewertet werden und ein Nachtraining bei Bedarf erfolgen. Patienten sollten darüber informiert sein, daß die Kompetenzen regelmäßig überprüft werden.
Bei den routinemäßigen monatlichen Besuchen kann die Händedesinfektionstechnik des Patienten überprüft werden. Der Gefäßzugang (bei HD) sollte ebenfalls auf Infektionszeichen überprüft werden.
Wenn Patienten für einen längeren Zeitraum hospitalisiert waren, kann es vorkommen, daß sie körperlich oder mental abgebaut haben. Dann sollte ein Nachtraining angeboten werden, entweder im eigenen Heim oder im Trainingsbereich des Zentrums.
Zusätzlich sollte ein Besuch des Heimteams geplant werden für die erste Heimbehandlung nach der Entlassung um sicherzustellen, daß der Patient weiterhin kompetent ist im häuslichen Umfeld und daß das Gerät sicher funktioniert.
Siehe auch Kapitel “Training” für mehr Information über Kompetenzen.
Ein präventives Überwachungsprogramm für den Gefäßzugang sollte regelmäßig umgesetzt werden, da dies die gute Funktion und Lebensdauer des Shunts erhöht und das Vorkommen von Komplikationen verringert7. Die Überwachung des Gefäßzugangs auf Blutfluß und mögliche Stenosen sollte Teil eines jeden HD-Programms sein, auch wenn es sich von Zentrum zu Zentrum unterscheiden kann. Für Patienten an der HHD sollte die Überwachung des Gefäßzugangs genauso engmaschig erfolgen wie für die Zentrumspatienten üblich.
Während des Trainings werden die Patienten geschult, Infektionszeichen zu erkennen und zu benennen, sowie Indikatoren für Veränderungen am Gefäßzugang wie z.B. ansteigender venöser Druck, verlängerte Nachblutungszeiten und Punktionsschwierigkeiten. Das Verlaufsmonitoring dieser Zeichen und deren rechtzeitige Überprüfung sind hilfreich bei der Früherkennung von Problemen am Gefäßzugang.
Wenn die Ausstattung vorhanden ist, können Transonic-Untersuchungen durchgeführt werden als Bestandteil der monatlichen Besuche. Die Transonic-Ergebnisse sollten regelmäßig dem Gefäßzugangsspezialisten zur Bewertung vorgelegt werden.
Zum Funktionserhalt der verschiedenen Gefäßzugänge ist die Einbindung eines Gefäßzugangsteams oder eines benannten Spezialisten hilfreich. Alle Patienten sollten wissen, wer ihr Ansprechpartner bei Gefäßproblemen ist. Oft liegt es in der Verantwortung des benannten Gefäßzugangsspezialisten, die erforderlichen Shuntdarstellungen oder Interventionen anzuordnen.
Der Gefäßzugangsspezialist kann auch Aufgaben bei der Anpassung von Verfahrensanweisungen und Richtlinien erfüllen bezüglich Hygiene und anderen Vorgehensweisen beim Gefäßzugang.
Bevor ein Training gestartet wird, sollte ein Hausbesuch durchgeführt werden, bei dem die Eignung der Wohnung überprüft wird. Eine Risikobewertung sollte dabei erfolgen und jährlich wiederholt werden, um die Sicherheit des Patienten zu gewährleisten und auch die des Pflegepersonals, das die Hausbesuche durchführt. Siehe Kapitel “Risiken” für nähere Einzelheiten.
Die Erfahrung des Autors hat gezeigt, daß nach Beendigung des Trainings die Heimbesuche wöchentlich erfolgen sollten über einen Zeitraum über 4 Wochen, danach monatlich. Eine Risikoeinschätzung sollte erfolgen um zu bestimmen, ob der Patient zusätzliche Unterstützung benötigt in Form einer telefonischen Ambulanz oder zusätzlichen Besuchen. Ein Risikobewertungsinstrument finden Sie im Kapitel „Risiken“.
Hausbesuche sollten strukturiert durchgeführt werden. Die Anwendung einer Checkliste kann dabei hilfreich sein. Damit wird sichergestellt, daß kein Pflegeaspekt vergessen wird. Die häusliche Umgebung sollte überprüft und ein Gerätecheck durchgeführt werden aus der Sicht der Infektionsprävention. Es ist ebenfalls wichtig, Pflegepartner in den Hausbesuch einzubinden, um eine Entwicklung der Überlastung frühzeitig zu erkennen und gemeinsam zu entscheiden, ob eine Entlastung erforderlich wird. Sollten Zeichen der Überlastung erkennbar werden (z.B. Vernachlässigung der häuslichen oder persönlichen Hygiene), dann ist es wichtig, diese zu verfolgen oder einfach auch den Patienten zu fragen: was ist derzeit Ihre größte Sorge?
Um strukturiert vorzugehen ist es wichtig, eine Checkliste für jeden Hausbesuch zu verwenden. Eine Mustercheckliste für einen Prä-Heimdialyse Besuch finden Sie in Appendix 1.
Der Hausbesuch wird auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten zugeschnitten, das physische, soziale und psychologische Wohlbefinden wird beachtet.
Es ist ideal, diesen Hausbesuch bei Patienten, die den Wunsch nach HHD geäußert haben, vor einem ersten Trainingstermin durchzuführen.
Das Ergebnis des Hausbesuchs wird dokumentiert.
Untersuchungen für Wasser und/oder Dialysierlösung auf Bakterien, Endotoxine und chemische Zusammensetzung werden nach den Richtlinien der einzelnen Zentren und den Grundsätzen der HHD allgemein durchgeführt. Anpassungen können erforderlich sein im Gegensatz zu den Zentrumsanweisungen, sie sollten aber die Patientensicherheit nicht gefährden.
Es gibt eine Reihe von Bewertungsinstrumenten/Fragebogen zur Lebensqualität. Es ist hilfreich, den Patienten zu bitten, einen Fragebogen zu Beginn des Trainings auszufüllen und danach jährlich. Dies hilft, allgemeine Informationen über das physische und psychosoziale Wohlbefinden zu Beginn des Übergangs zur Heimdialyse zu erhalten sowie zu den Vorteilen, die sie als Ergebnis der Selbstbehandlung erleben7. Es erlaubt auch die Erkennung von Verschlechterungen beim Patienten.
So wird z.B. der KidneyDisease Quality of Life (KDQol) SF-36 Fragebogen häufig verwendet10. Es ist offensichtlich, daß Dialysepatienten höhere Punkte bei den emotionalen Komponenten dieser Bewertungen vergeben – vielleicht nicht überraschend, daß emotionale Schwierigkeiten bei Dialysepatienten auftreten13.
Wenn Anzeichen von Depression bei Patienten auftreten oder sie schwierige psychische Probleme verlauten lassen, sollte eine Überweisung zu entsprechenden Stellen erfolgen. Abhängig von den örtlichen Möglichkeiten können dies Beratungsdienste, Sozialarbeiter und Psychologen sein.
Örtliche Selbsthilfegruppen können wertvoll sein für soziale und finanzielle Beratung. Gemeinnützige Organisation/Stiftungen können ggf. einen Zuschuß bei finanziellen Schwierigkeiten geben. (In England z.B. die British KidneyPatientsAssociation) Sollte es keine Organisation bzw. Selbsthilfegruppe in räumlicher Nähe geben, so können Sie eine Patienten- und Pflege-Unterstützungsgruppe für ihre Patienten ins Leben rufen. Es ist so einfach wie ein gemeinsames Frühstück.
Viele Länder haben auch spezielle Pflegeunterstützungsagenturen bzw. Patientenverbände, die pflegende Angehörige unterstützen.
Wenn erforderlich, sollten Patienten und Angehörige die Möglichkeit einer Entlastungspflege erhalten.
Dies kann bedeuten, die Dialyse wird im Trainingszentrum oder im ambulanten Behandlungszentrum durchgeführt oder eine Pflegekraft führt die Dialyse zu Hause durch, wenn dieser Dienst zur Verfügung steht. Viele Länder haben auch private Pflegeagenturen die möglicherweise Personal zur Verfügung stellen. Die Kostenübernahme ist mit der Krankenkasse zu verhandeln.
Finanzieller Stress tritt häufig bei Familien mit Dialyse auf, denn viele Betroffene verfügen dabei über ein verringertes Einkommen11. Allerdings sollte die Flexibilität der HHD die Rückkehr ins Arbeitsleben erleichtern und damit möglicherweise den finanziellen Stress reduzieren. HHD Patienten sollten gefragt werden, ob sie finanzielle Schwierigkeiten haben. Es ist wichtig, daß das Heimdialyseteam oder der Sozialarbeiter sich auskennen in Rückvergütungsregeln und Vorteilen, die die Patienten in Anspruch nehmen können, sowie den Verweis auf die entsprechenden Stellen.
Mangelernährung ist ein Marker für schlechtes Langzeitüberleben. Es gibt viele Möglichkeiten, den Ernährungsstatus zu messen und Einzelheiten werden im Kapitel 10 „Ernährung“ zur Verfügung gestellt. Der Einsatz z.B. des “Malnutrition UniversalScreening Tool (M.U.S.T)” ist hilfreich bei der Bestimmung der Patienten, die eine zusätzliche Ernährungsberatung benötigen. Die Verwendung dieses Instruments beinhaltet auch Management-Richtlinien, die eingesetzt werden können für die Entwicklung eines Pflegeplans zur Vermeidung von Mangelernährung im Heimdialysebereich8.
Die meisten Dialyseeinheiten, die diese Leistung anbieten, ermutigen ihre Patienten, regelmäßige Termine mit einer Ernährungsberaterin (bzw. Fachpflegekraft) zu vereinbaren, um die Ernährung und Trinkmenge anzupassen. Mehr allgemeine Information über Ernährung ist im Kapitel 10 „Ernährung“ aufgeführt. Die Literatur zeigt ebenfalls, daß Patienten mit häufiger Hämodialyse oder nächtlicher Hämodialyse eine Verbesserung des Appetits und weniger ernährungsbedingte Einschränkungen haben14,15,16,17,18,19,20.
Gute Unterstützung zu Hause kann die Zeitspanne an der Heimhämodialyse verlängern und die Lebensqualität an HHD verbessern. Jedes Zentrum benötigt ein strukturiertes System zur Unterstützung und mit Berücksichtigung des individuellen Bedarfs.